Als sich abzeichnete, dass das nächste Rennen der Grünen durch Robert Habeck angeführt wird, hatten viele Grünen-Wähler die Hoffnung, dass ein „Realo“ die wichtigen Themen wie Klima oder Migration mit den Anforderungen der Realpolitik verknüpft und die Fundis mit dem Versprechen eines Kanzleranspruches überwinden kann.

Dass es bei den Grünen aber viel weniger Realos gibt, als man zuerst glaubt, wurde mir klar, als ich nach und nach verstanden habe, welche Konzessionen die Realos 2021 und ff. an die Basis gemacht haben.

Ein regelrechter Spagat zwischen der Vermeidung in der Grünen Basis verbrannter Begriffe und neuer, weichgespülter Worte wurde in Koalitionsverhandlung und andere Beschlüsse eingebracht. Beispielsweise verwendet man nicht den Begriff sichere Herkunftsländer um die Basis nicht zu verschrecken, sondern schleicht um geniale Neusprechschöpfungen wie Länder mit geringer Schutzquote oder staatenbezogene Asylentscheidungen. Ist zwar juristisch kein definierter Begriff aber genau diese Unschärfe ist natürlich sehr praktisch, wenn man sich nicht einig wird.

Die ganze Idee schien nach außen etwa so: Die Spitze macht realpolitische Konzessionen, die Sie für notwendig hält - auch wenn Sie mit Grünen Positionen und Beschlüssen eigentlich unvereinbar sind. Diese werden in Papieren & Statements begrifflich neu verpackt damit die Basis nicht direkt rebelliert und somit zähneknirschend aber gesichtswahrend wegschauen kann. Ab und zu (oder auch eher oft) wird das, was zu weit geht im Bundesrat durch Enthaltung blockiert, so dass die Bundesspitze das Gesicht nicht verliert.

Das Ganze zog lange auch tatsächlich argumentativ bei Realo-Wählern (nicht Mitgliedern), die durchaus mal ganz offen zugeben, dass sie eher weniger Gemeinsamkeiten mit der eigentlichen Basis dieser Partei haben.

Nur; durch das Schwächeln in Umfragen hat sich das Machtverhältnis und die Aussicht auf Kanzler Era zwischen Spitze und Basis so verschoben, dass die Basis der Grünen wieder die Oberhand bei der Definition und Interpretation von Begrifflichkeiten gewonnen hat - vielleicht war es sogar nie anders.

Das Kalkül der „Realos“, das gleiche wie die Koalitionspartner zu meinen aber der Basis etwas anderes verkaufen zu können war von vornherein verdammt. Diese Unehrlichkeit gegenüber der Basis, gegenüber sich selbst, der Wähler und Schluss Ends der ganzen Bevölkerung war von vornherein verdammt zu implodieren, weil man natürlich niemals mit unehrlicher Wortwahl und der Vermeidung notwendiger politischer Konflikte alle Seiten satisfizieren kann.

Deutungshoheit durch Dissonanz

Auch wenn dieser Versuch gerade nicht klappt, ist diese Denkschule aber durchaus kein Versehen, sondern steckt in der DNA „moderner Hobby-Linker" (mangels besseren Begriffes, er missfällt mindestens genauso wie „woker“ & „progressiven Linker – Shitbürgertum kostet noch zu viel Überwindung).

Der ultimative Anspruch von Parteien & Bewegungen in diesem Spektrum ist nicht primär die Erwirkung eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses, sondern das Gewinnen der Deutungshoheit - im Anspruch, die einzige & beste Lösungsidee zu präsentieren. Jeder der nicht mitgeht liegt falsch.

Das ist zu kritisieren - nicht, weil ich die Positionen inhaltlich nicht teile sondern schlicht, weil es eine maximale Dissonanz zwischen Wort und Handlung gibt.

Bemerkenswert oft enden Diskussionen mit diesem Milieu damit, das man zwar zugibt, dass der ein oder andere Vorschlag so nicht haltbar ist aber die Voraussetzungen x und y ihn ja erträglich erscheinen lassen. Nur: x und y denkt man sich gerade aus, ist oftmals unvereinbar mit Beschlüssen der Partei oder schlichtweg schon durch die Bundespartei abgelehnt worden. Ist es nicht bemerkenswert, dass man sich die politische Position gegen die Beschlusslage der Bundespartei on-the-fly zurechtbiegen kann? Für jeden unhaltbaren Vorschlag geistern in der Basis 1000 verschiedene Auslegungen herum (Zuletzt beim Thema Kapitalerträge). Genau hier liegt der Hund begraben: Die eigentliche politische Forderung ist beliebig, solange der Spirit stimmt.

Schon bei den „Basics“ zeigt sich, wie schädlich es ist die eigenen Unzulänglichkeiten durch absolute Deutungshoheit zu überspielen & damit eine Verbesserung der faktischen Lage zu verhindern.

Deutschland hat einen knapp 10x höheren CO2 Ausstoß pro kWh im Energiesektor als Frankreich (sic!). Der Wunsch diesen Fakt so lange zu verdrehen bis Deutschland „eigentlich gut“ (TM) im Klimaschutz dasteht und der gewählte Pfad in diese Katastrophe des dreckigen Stroms „der einzig mögliche“ war ist mir so zuwider: Es ist grotesk diese Zahlen zu sehen und gleichzeitig Selbstzufriedenheit auszustrahlen.

On Top kommen dann noch die Formulierungen wie „wir sind die Partei der Wissenschaft“ und „klimaschädliche Subventionen abschaffen“ während gleichzeitig die Heizart mit dem höchsten CO2 Ausstoß & Feinstaubausstoß von allen aktiv in das Gebäudeenergiegesetzt genau durch die gleichen Personen aufgenommen (sic!) und damit staatlich subventioniert wird (Holz). In meiner Kindheit war es en Vogue unter umweltbewussten Lehrern Recycle-Papier zu verwenden, das erschien mir logisch. Heute verbrennen „Umweltbewusste“ importierten kanadischen Wald. Das erscheint mir, eh, weniger logisch.

Es ist auch völlig gleich aus welchem Grund ein Waldbrand entsteht, sofort ist jemand aus diesem Milieu auf der Matte, um absolut alles mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen - völlig egal ob es stimmt.

Die Fraktion lehnt auch Klimamaßnahmen ab, die man für unvereinbar hält mit der Strategie “Das Klima muss möglichst schnell schlimmer werden, damit alle den Ernst der Lage begreifen”. Wie im Falle von CCS (was man gerne auch mal begrifflich als “CO2 Endlager” auflädt um die Brokdrof-Basis zu aktivieren) - witzigerweiste stammt der betroffene CCS-Gesetzesentwurf von Habeck selbst.

Es dürfte natürlich nicht überraschen, dass dort wo die meisten Mondapfel-Connaisseure hausieren der Begriff „Wissenschaft“ vielleicht anders interpretiert wird, doch diese politische Instrumentalisierung des Begriffs Wissenschaft bei gleichzeitiger Wissenschaftsfeindlichkeit macht mich trotzdem wahnsinnig.

Man müsste meinen es würde etwas Demut erfordern, wenn man selbst jahrelang gegen die gleiche medizinische Gentechnik lobbyisiert hat die heute im Fall von genialem Humaninsulin a) verhindert, dass Millionen Tiere für die Herstellung sterben müssen und b) das Leben von Patienten erheblich verbessert. Aber nichts da.

Das z.B. beim Klima nichts passiert, liegt aber natürlich auch daran, dass man einen Kurs der angeblich „gut“ ist, nicht korrigieren muss. Und dass man Glaubwürdigkeit verliert, wenn man „White Lies“ nutzt.

Die Wahrheit zu sagen ist doch aber unerlässlich, um erfolgreich für das eigene politische Anliegen zu werben.

Double Down

Demut oder Kurskorrektur bei Fehlern ist aber nicht vorgesehen. Sondern nur Doubledown, Ablenkung und Schwung aufs nächste Thema. Das ist heute der Fall bei: Migration.

Völlig egal wie die eigene Position ist, es ist einfach Fakt, dass die Position der progressiven Linken zur Migration aktuell und absehbar nicht mehrheitsfähig ist. Zu Konzessionen ist man de-facto nicht bereit.
Dass die Mehrheit der Bevölkerung den eigenen Blick auf Migrationsfragen nicht teilt, macht die Basis der Grünen und auch weite Teile der rest-Linke als auch manche SPD-Linke Wahn.sinn.ig. - und zwar so richtig.

Das absolute Unvermögen hier in Betracht zu ziehen, die Position zu verändern oder Positionen der Mitte handeln zu lassen, während man sich auf ein moralisches Ermahnen aus der Opposition beschränkt ist eng verbunden mit dem Bestreben, alles dafür zu tun die Deutungshoheit zu behalten. So wird jede Kriminalitätsstatistik auf den Kopf gedreht, jede Zahl zur inneren Sicherheit relativiert - und das, obwohl man gleichzeitig Omas beim Weihnachtsmarkt die Handtasche nach einem Victorinox durchsucht. Kathrin-Göring-Eckardt sagt am 15. Januar der Alltag der Menschen habe verdammt wenig mit Migration zu tun & damit ist dann auch alles für Sie geklärt.

Auch bei der anschwellenden Wirtschaftskrise hat man einfach konsequent geleugnet, dass es da überhaupt etwas zu besprechen gibt. Letzer Ausweg im journalistischen Kreuzverhör: „Aber die Union hat 16 Jahre lang…“ - welcher Wähler will das 4 Jahre nach 2021 noch als Antwort?

Und hier war deutlich sichtbar, zu was der angebliche Spagat zwischen Realos und Fundis führt: Zur Umsetzung der Fundi-Forderungen.

Denn: Es ist nicht so, dass die Fundis nichts von der Wirtschaftskrise hören möchten oder sie leugnen. Sie wollen diesen Zustand. Das Abwirtschaften, „Gesundschrumpfen“, die Verringerung des Primärenergieverbrauchs sind Grundvoraussetzungen des Degrowth-Kurs powered by „Ulrike Hermann“. Die Realos und die Realo-Wähler glauben es ist eine notwendige Konzession nach links das Thema Ökonomie in Watte zu verpacken und eine 4-Tage Woche lässig zu finden, während die Fundis schlicht ihre ganz offen kommunizierten Ziele erreichen. That‘s not an accident.

Alles ist recht.

Die Deutungshoheit beansprucht man aber vor allem für: Was ist rechts.

Der Wunsch, bürgerliche Parteien und Positionen zu verhindern wird mit einem Mittel betrieben: Absolute Delegitimation aller politischen Gegner.

Meine linke Sozialisierung hindert mich schlicht daran, tiefergehendes Verständnis für konservative Empfindlichkeiten wie in der Union zu entwickeln. Aber das heißt doch nicht, dass ich mir die Sonntagsfrage anschaue, de-facto auf die Autobahn des politischen Diskurses auffahre und denke: Mensch, so viele Falschfahrer hier.

Das ist aber genau das, was versucht wird. Und das mit den unmöglichsten Mitteln, nämlich der Verachtung demokratischer Mitbewerber, Prinzipien und Gepflogenheiten.

Es ist einen Roman wert, welche Frechheiten sich dieses Milieu geleistet hat und damit legitimiert hat, dass sie die einzig wahren Retter der Demokratie sind.

Es dämmert zwar einigen dann doch (bspw. Ricarda Lang „Sind nicht die Staubsaugervertreter der Demokratie“), dass man eher keine Stimmen gewinnt, in dem man die alleinige Deutungshoheit über die Demokratie für sich beansprucht, bei den Meisten ist das aber noch nicht angekommen.

Übergriffigkeit

Auch die vierte Gewalt ist schon längst nicht mehr als unabhängige Institution gesetzt. Die Correctiv-Recherchen sind juristisch übel unter Beschuss, das ZDF musste gerichtlich angeordnet einen Beitrag offline nehmen. Die Kernthese, Abschiebung von Staatsbürgern, ist wohl vor Gericht nicht haltbar. Aber es erfolgt keine Korrektur, keine Einsicht: Diese Recherche hält weiterhin argumentativ her als Begründung für bspw. ein Parteienverbot. Das Kalkül: Der Pöbel versteht es nicht. Aber die Menschen verstehen und verlieren Vertrauen, wenn „White Lies“ für das „richtige“ instrumentalisiert werden. Man sieht es längst in den Vertrauenswerten für klassische Medien, die vergleichsweise am schlechtesten sind, Falschbehauptungen öffentlichkeitswirksam aufzuarbeiten.

Und wieder: Fakten müssten zählen und nicht das Gefühl, die Recherche müsse doch stimmen, weil wir die AfD ohnehin für fürchterlich halten.

Die einzige Erklärung dieses Milieus also bleibt: Nicht wir oder die klassischen Medien liegen falsch, sondern sie verstehen den Ernst der Lage nicht.

Besonders irritierend finde ich dabei die Delegitimierung der Medien, die nicht vollständig auf den gewünschten Zug aufspringen. Der Klassiker der Grünen ist dann die Springer-kritischen Kommentare vom intellektuellen Oberboss Böll herauszuholen und „nie wieder mit der bösen Bild zu reden.“
(Man stelle sich nur vor; Medienkritik von Unionsmitgliedern an der taz würden mit den Zitaten ehemaliger Wehrmachtsangehöriger begründet werden.)
Am Ende sitzt Habeck dann aber doch grinsend am Küchentisch von Marion Horn. Laut Grüner Basis Herausgeberin eines de-facto „Nazi-Blatts“. Okay?

Bella ciao

Der aus der medial dem Milieu nahestehende initiierten Empörung über andere Positionen resultierende Kernritus der letzten Jahre ist die „Demo gegen rechts“, die spätestens an diesem Wochenende zu einem verlängerten Arm des Wahlkampfs verkommen ist.

Armin Laschet wurde für sein Lachen im Ahrtal medial gegrillt; zurecht wie ich finde (aber nicht wie andere per se, weil er gelacht hat, sondern weil er scherzt während der Bundespräsident spricht - den Respekt vor unserem Präsidenten wurde von der Union ja selbst als heilige Notwendigkeit vermittelt - daran messe ich).

Wenn sich die Avantgarde des Moralismus aber 3 Tage nach der fürchterlichen Ermordung eines Kindes in Aschaffenburg trifft, um dümmlich grinsend Selfies mit Party-Sonnenbrillen aufzunehmen, dann ist das einfach notwendig und großartig.

Das Unvermögen auf diese scheußliche Tat eine politische Antwort zu finden, wird einfach umgewandelt in politischen Aktivismus „gegen rechts“ - obwohl die Tat nichts mit Rechten zu tun hat.

Übrigens: Bevor man auf die Idee kam vom Versagen durch diese Demo abzulenken, kreiste die Idee im Team „Habeck4Kanzler“ (gerne mal auf „Bluesky“ suchen) folgende Erzählung aufzustellen: Wäre die vorgeschlagene Abgabe auf Kapitalerträge für das Gesundheitssystem schon da & das Gesundheitssystem „gefixt“ hätte man dem Mann ja psychologisch helfen können. Ja genau - so habe ich auch geguckt. Tatsächlich wäre aber diese Erzählweise sogar weniger Lost gewesen als dieses Schaulaufen des Moralismus - es ist wenigstens in der inneren Logik dass Migration keine Probleme verursacht konsistent.

Alles egal

Ironischerweise wird die kognitive Dissonanz an diesem Abend in Berlin sogar direkt sichtbar, als nur 700 Meter entfernt von der „Demo gegen rechts“ Anhänger einer terroristischen Organisation den Tod aller Juden fordern.

Der Umgang der politischen Linken mit Antisemitismus ist ohnehin so widerlich, dass einem die Worte fehlen.

Es ist de-facto im Jahr 2025 für einen Juden in Berlin nicht möglich, mit Kippa oder Davidstern die Straße zu kreuzen. Ein kleiner Tipp: Neonazis sind dabei nicht das Problem.

Es ist deshalb auch nur konsequent, dass bei der öffentlichkeitswirksamen Umbenennung von Straßen einer der größten erfolgreichen Antisemiten Deutschlands „übersehen“ wird: Karl Marx.

Aber das ist alles egal, wenn es um die eigene politische Deutungshoheit geht, ist eben alles schlimme rechts, und was nicht rechts ist auch nicht so schlimm.

Der AfD wird eine de-facto Sperrminorität eingeräumt, um der CDU die Zusammenarbeit mit Nazis vorwerfen zu können. Zumindest bei der Entstehung von Zufallsmehrheiten mit der AfD hat die SPD aber nur ein Problem, wenn die Union es in Kauf nimmt.
Die SPD selbst findet das eher okay. Überhaupt sind die Aussagen der SPD dieser Tage noch witziger, weil Sie im Gegensatz zu den Grünen ihre Wortwahl in der Vergangenheit nicht so sehr im Griff hatten.

Abschiebungen sind jetzt schlimm, waren aber im Oktober 2024 noch okay als Scholz auf dem Spiegel mit „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ zitiert wurde. Und unvergessen bleibt die SPD-Instagram-Kachel aus 2024 auf der fett stand „Deutschland den Deutschen “. Das sind aber dann natürlich keine rechten Entgleisungen, sondern redaktionelle Fehler des Werbeagenturpraktikantens. Natürlich.

Um im Glauben zu bleiben, wie „Captain America“ der einzige Demokratieverteidiger weit und breit zu sein, hilft nur die kognitive Dissonanz. Denn: Seit Ampelantritt hat sich die AfD in Umfragen verdoppelt. Verdoppelt!

Aber nein, nicht die eigene Politik ist schuld, nicht die Rhetorik, die jeden konservativen Vorschlag aus der CDU mit Nazirhetorik gleichsetzt und damit den Begriff „Nazi“ vollends entwertet, sondern „die Anderen“ (TM).
Nur: Die demokratische Opposition (Union) hat gar keine Stimmen ggü. der Bundestagswahl 2021 verloren. Hätten die drei Parteien der Ampel so zugewonnen wie die Union (also etwas geleistet), dann wäre gar keine Stimme mehr für die AfD übrig.

Deutungshoheit schlägt Mehrheiten

Eins bleibt schwierig: Denn eigentlich müsste man mehrheitsfähige Politik machen. Nur: Wenn man glaubt, dass alle anderen falsch liegen und ein Protestwähler durch die Kontaktschuld für immer gebrandmarkter „Nazi“ ist, dann braucht man ihn auch nicht wieder in die Mitte zu integrieren. Fall erledigt.

Da bleibt nur noch ein kleines Problem: Demokratische Wahlen zu gewinnen.

Das kann man so zwar nicht, aber man kann sich erneut einen rhetorischen Safe-Space erschaffen, in dem man zumindest Märtyrer auf der richtigen Seite bleibt, wenn man es mit der Wahl nicht schafft.

An den verbotenen Giftschrank der Methoden, die man einem Staat eigentlich niemals geben sollte, damit Sie dem schlimmsten Gegner nicht in die Hände fallen, bedient man sich auch bereits.
Völlig egal ob DSA, Faktenchecks (aber natürlich nicht für Waldbrand-Takes), Parteienverbot oder die Hausdurchsuchung wegen Politikerbeleidigung auch von politischen Gegnern verwendet werden können (man stelle sich nur vor die AfD würde…).

Auch hier wieder vollends kognitive Dissonanz:
Die progressiven Linken z.B. warnen aktiv vor einer einheitlichen Bürgernummer für eindeutige Identifizierung bei Behördengängen - begründet mit dem möglichen Missbrauch durch politische Akteure & abgeleitet aus der deutschen Geschichte.
Wieso ist eine rechtliche Grundlage für Hausdurchsuchung bei vermeintlicher Beleidigung (und wie wir gesehen haben: Bei absoluten Lappalien) dann okay?

Auch die Mehrheit bei der Jugend ist nicht mehr automatisch mit Moralismus zu holen.
Aber dass in den Ost-Wahlen letztes Jahr die jugendlichen vielleicht eine Abrechnung für die Corona-Politik erteilt haben und auch mal wieder ein Festival wie ihre Eltern Anfang der 2000er Jahre ohne irre Sicherheitsmaßnahmen feiern wollen, kommt nicht in den Sinn.
Nur: Die sind alle durch TikTok indoktriniert (dabei weicht das Wahlverhalten gar nicht signifikant von anderen Altersgruppen ab).

Jetzt: Tanzvideos statt Inhalte. Weiterhin kein politisches Angebot aus der Mitte, sondern nur ein verachtender Blick von oben auf die unten.

Als ich Erstwähler war, versprachen progressive mir Linke ein Wahlalter von 16 - und haben mir signalisiert, dass sie mich ernst nehmen.
Wie hätte ich mich als Erstwähler gefühlt, wenn man mir ganz offen sagt „Junge, du guckst nur zu viel Fern“?

Marsch durch die Institutionen gone wrong

Ich habe keine Lust, das alles als negativ zu empfinden. Es gibt auch keinen Grund.

Die Demokratie hat eine unglaubliche Kraft zur Selbstkorrektur. Die Kritik, die ich hier formuliere haben andere schon längst in Worte geasst: Ein Blick in die Sonntagsfrage der letzten 3 Jahre genügt.

Nur: Es ist eben nicht Aufgabe von Politik nmit einem Negativbild und Angst vorm politischen Gegner zu warnen. Den Parteien kommt der Auftrag zu Teil ein konstruktives Alternativangebot zu schaffen, um die Ränder zu schwächen.

Auch wenn ich wegen der kompletten Dissonanz der grünen Basis absehbar wenig Chance für diese Partei sehe, wieder auf einen Mitte-kurs oder gar auf Umfrageergebnisse wie 2019/2020 zu kommen (ich wünsche es unserer Volkswirtschaft auch nicht), sei erwähnt, dass es durchaus Persönlichkeiten in dieser Partei gibt.
Vor der Stabilität zum Thema Israel eines Volker Becks ziehe ich meinen Hut, selbiger geht ganz öffentlich kritisch mit den „großartigen“ Tweets für die Melonentruppe des Auswärtigen Amts um. Danke dafür.

Als Ex-SPD Mitglied mit weiter vorhandener Schwäche für die Wurzeln dieser Partei Grüße ich und Wünsche ihr und der politischen Linken viel Erfolg, ein modernes Angebot an die Menschen zu machen, die sie ursprünglich mal vertreten wollten. Vom ökonomischen Verständnis (Das letzte Wort in „soziale Marktwirtschaft“) sprechen wir erst gar nicht aber trotzdem ein kleiner Tipp: Der in Schicht arbeitenden Krankenschwester beim Lebensmitteleinkauf das hart verdiente Geld abzunehmen, um dem Immobilienbesitzenden die Heizung & dem Berliner Rechtsanwalt das 49€ Ticket auf 29€ zu subventionieren ist nicht originär links.
Bei uns früher (TM) hieß sowas „Umverteilung von unten nach oben“ oder einfach: Klientelpolitik.

Genau wie die Union 2021 wird dieses komplette politische Milieu im Februar sehr wahrscheinlich als Wortführer abgewählt und muss sich grundlegend neu sortieren. Ich hoffe und freue mich auf einen Bundestagswahlkampf 2029 mit tatsächlichen unterschiedlichen Entwürfen aus der & für die demokratische Mitte.