Es ist auffällig bis amüsierend, dass die Fraktion der (städtischen) Theater- und Kulturgänger, die sich oft als moralisch Bessergestellte versteht, so schneeweiß-biodeutsch-monoton auftritt. Dieselbe Gruppe, die für Weltoffenheit wirbt und über jeden herfällt, der sich auch nur minimal kritisch zu Migrationsfragen äußert, pflegt eine Freizeitbeschäftigung, die „zufällig“ überhaupt nicht für Menschen mit geringem Einkommen, also auch vielen Geflüchteten, zugänglich ist.

Man könnte das auch als „Gated Community by accident“ bezeichnen. In Wirklichkeit ist es aber kein Zufall. Die moralische Überlegenheit fällt einfach leichter, wenn man in einer Blase lebt, die mit dem Alltag normaler Durchschnittsbürger kaum in Berührung kommt.

Schon mindestens verdächtig fand ich die Verwandlung der eigentlich rein auf akademische Kreise begrenzten Diskussion der Gendersprache in einen moralischen Zeigefinger, der genutzt wurde, diejenigen zu diskreditieren, die dieser „Sprachregelung" nicht folgten.

Es verletzt mein linkes Gerechtigkeitsgefühl, wenn eine hochprivilegierte Gruppe eine Sprachregelung erfindet und diese nutzt, um sich vom „Pöbel“ abzugrenzen, indem sie jedem, der sie nicht verwendet, unterstellt, er sei moralisch nicht auf der Höhe. Die schlichte Delegitimation normaler Sprache, normaler Bürger.

Zu einer Zeit, als die Ermahnung, doch bitte aus „Rücksicht“ auf die gewohnte Sprache zu verzichten, bei manchen noch verfing (2019/2020) (und manche tatsächlich überzeugt wurden, sie seien üble Sexisten wenn sie nicht folgten) begann man gleichzeitig, die eigenen „Moralvorstellungen“ auch auf Medien wie Literatur auszuweiten. Als ich meine literaturliebende ehemalige Deutschlehrerin traf, die heute ehrenamtlich in einer Bücherei arbeitet, erzählte sie mir bestürzt, welche Kinderliteratur (!) wie zensiert werden sollte. Das war damals ein typischer Diskurs, der auch ganz offen geführt wurde. Wer sich in der medialen Debatte dagegen aussprach, galt mindestens als rechts.

Der Anspruch dieser Kulturelite, den Diskurs darüber zu bestimmen, was zulässig, normal oder richtig ist, schwindet gerade. Das merkt man daran, dass sie sich auf die letzten Bastionen flüchtet, um ein Weltbild aufrechtzuerhalten, das sonst kaum jemand teilt. So werden Zensur, Einschränkungen beim Zugang zu Medien und sogar die Verstaatlichung von Presse ganz offen gefordert. Die verschleiernde Terminologie hierfür ist bestes Framing: „Faktenchecks“, „Desinformation“ und „Hassrede“ – für alles, was das Narrativ vom Bullerbü stört.

Das alles ist nichts anderes als Spießbürgerlichkeit im neuen Gewand. Die früheren mit christlich-konservativen Befindlichkeiten Ausgestatteten wurden heute ersetzt durch die mit linksgrünen-moralischen Befindlichkeiten Ausgestatteten, die das Parkgeschehen und die Mülltrennung genauso kommentieren wie früher die Alten. Nur eben aus “anderen” Gründen. Auch das Geschehen der Welt wird aus dem geistigen Küchenfester heraus kommentiert und bewertet. Verkennend der Realitäten, die andere aushalten müssen. Normale Bürger haben halt keine Zeit für Brokdorf-Nostalgie, wenn ihre Betriebe schließen, weil Energie zu teuer ist.

Wir haben dieser Fraktion den Diskurs über alle wichtigen Probleme (Klima, Wirtschaft, Migration, Bildung, Verteidigung, Wohnen, Sicherheit) überlassen und dabei zugesehen, wie jedes mögliche, vernünftige Angebot an die Mitte, das mit gesundem Menschenverstand vereinbar ist, bis zur Unkenntlichkeit im medialen Diskurs torpediert wurde. Ja sogar die Schuld am rechten Aufschwung haben Mitte-Positionen und -Politiker von links bekommen. Und diese sind eingeknickt, dem Zeitgeist gefolgt und haben keine Politik für die Mitte mehr gemacht, sondern fürs Feuilleton. Alle genannten Themen sind im denkbar schlechtesten Zustand. So, dass heute 33% der Mitte politisch unentschlossen sind oder nicht wählen wollen . Alles nur, aus Rücksicht auf eine schrille Elite, die glaubt es wäre links sein im Altbau zu wohnen.

Ganz einfach gesagt: 2025 ist die letzte Chance, die Mitte zu aktivieren und die dringenden Themen zu lösen. Sonst wird das Ergebnis 2029 bitter ausfallen.